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Für die Bewertung von Alternativen, z. B. bei der Produktauswahl während des Kaufprozesses, wird im Folgenden der mathematische Kern des Verfahrens, der als Standardform ordinaler Regressionsmodelle (STORM) bezeichnet wird, dargestellt. Die Festlegung der Standardform besitzt den Vorteil, dass über Variationen dieser Standards diskutiert werden kann. Sie entspricht der Implementation im Programm COF von Tangian.

Die zeitliche und inhaltliche Einordnung des Verfahrens in die Ökonometrie kann in den Quellen Gruber (1995) und Tangian (1995) nachgelesen werden. Seit der 1930 gegründeten Econometric Society beschäftigte sich die Ökonometrie überwiegend mit der Formulierung von ökonometrischen Gleichungssystemen. Die Konstruktion einer skalarwertigen Zielfunktion wurde in den beiden folgenden Jahrzehnten nicht beachtet. Erst später beschäftigten sich einzelne Ökonometriker mit diesem Thema. Durch eine Reihe von internationalen Konferenzen in den Jahren 1981, 1989, 1995 und 2000 wurde die Forschung auf diesem Gebiet voran gebracht. Einen persönlichen Rückblick auf seine 35jährige Forschung zu diesem Thema gewährt Gruber (2001), der sich bereits in den 60er Jahren für ökonometrische Optimierungsmodelle interessiert hat. Aus der in den 80er Jahren beginnenden Zusammenarbeit mit dem Computerzentrum der Akademie der Wissenschaften in Moskau wurde in den folgenden Jahrzehnten mit methodischen Überlegungen von Tangian (1995) die Konstruktion skalarwertiger Präferenzfunktionen mit einer Befragungstechnik entwickelt, die nur mit ordinaler Nutzenmessung auskommt.

Das Verfahren wurde 2000 von Teibach (2001) erstmals in der Versicherungswirtschaft zur Bewertung von gebrauchten Lebensversicherungen eingesetzt. Die ordinale Methode bei der Ermittlung der Präferenzfunktion ist von zentraler Bedeutung und wird später an verschiedenen Stellen referenziert. Zunächst aber soll die prinzipielle Vorgehensweise veranschaulicht werden:

ablauf
 

Ordnet man jeder der n Kennzahlen eine Koordinatenachse im euklidischen Vektorraum zu, so lässt sich eine bestimmte Alternative mit konkreten Zahlenwerten für jede Kennzahl als Vektor im n-dimensionalen Raum darstellen. Der von der Alternative gestiftete Nutzen kann nach Hinzunahme einer weiteren Dimension über dem Vektor aufgetragen werden. Grafisch lässt sich STORM bei mehr als zwei Kennzahlen nur noch bedingt veranschaulichen. Eine quadratische Nutzenfunktion  hat selbstverständlich einen unbegrenzten Definitionsbereich. Da jedoch Kennzahlen nur in einem bestimmten Intervall sinnvolle Werte besitzen, ergibt sich in natürlicher Weise eine Einschränkung des Definitionsbereichs auf diesen Anwendungsbereich.

Die Auswahl von n Zielvariablen Ui, i = 1, ..., n, die auch als Kennzahlen bezeichnet werden, kommt eine erhebliche Bedeutung zu, so dass sie durch den Entscheider subjektiv geprägt vorgenommen werden sollte. Auf der einen Seite ist es wichtig, dass sich der Entscheider an seinen Wünschen orientiert und die für ihn als wichtig erachteten Kennzahlen wählt. Auf der anderen Seite muss er sich mit der Gesamtliste zur Verfügung stehender Kennzahlen sowie deren Bedeutung vertraut machen, damit er feststellen kann, ob die in Frage kommenden Kennzahlen das Gewünschte auch wirklich zu leisten vermögen. Schließlich muss er auch auf Abhängigkeiten und Nichtkombinierbarkeit von Kennzahlen achten.

Folgende Eigenschaften sollten die ausgewählten Kennzahlen besitzen:

  • Angemessenheit
  • Verfügbarkeit
  • Überprüfbarkeit
  • Keine Manipulierbarkeit
  • Unabhängigkeit
  • Quantifizierbarkeit

Zur Veranschaulichung sei bereits an dieser Stelle das Aussehen der Befragungstabelle für ein Beispiel mit n=3 angegeben. An den markierten Stellen muss später der Entscheidungsträger seine Antwortwerte eintragen. Die übrigen Werte wurden vorbelegt.

befragung 

In der Befragungstabelle werden so viele Zeilen erzeugt, dass in STORM die Regressionsgleichung gerade gelöst werden kann. Die Minimalität der Zeilen führt zum geringst möglichen Aufwand beim Beantworten. Bei n Kennzahlen müssen insgesamt (n+1)(n+2)/2-2 Fragen beantwortet werden, für n=3 Kennzahlen also 8.

Die beiden Referenzvektoren R1 und R2 müssen unterschiedlichen Nutzenniveaus (Spalte "Utility estimate") angehören. Für den Standardfall wird der Referenzvektor R1 mit 0 und der Referenzvektor R2, der eine Alternative mit verbessertem Nutzen darstellt, mit 1 als Nutzenwert (Spalte "Utility estimate") belegt. Das Ergebnis ist unabhängig von der Größe der Nutzenwerte.

Vor dem Ausfüllen der leeren Felder in der Befragungstabelle sollten zuerst die aus der Kennzahlendatenbank zur Verfügung stehenden Datensätze selektiert werden, um zu überprüfen, ob die zur Auswahl stehende Liste hinreichend reichhaltig ist. Andernfalls müsste der Entscheider an dieser Stelle abbrechen und alles mit anderen Kennzahlen wiederholen. Alternativ kann er die Datenbank um geeignete Informationen erweitern, was aber in der Regel viel zu aufwändig ist und im Gesamtmodell außerhalb seiner Handlungsmöglichkeiten liegt, da dort die Bestückung der Datenbank über ein Spezialistenteam vorgesehen ist.

Die Befragungstabelle wird zeilenweise an den hervorgehobenen Stellen ausgefüllt. Der Antwortwert in einer Zeile ist so zu wählen, dass die betrachtete Alternative für den Befragten denselben Nutzen stiftet wie die Referenzalternative R1. Im Hinblick auf den ersten Antwortwert in der Spalte U2 müsste sich der Befragte also damit beschäftigen, auf welchen Betrag der Kennzahl U2 er zu verzichten bereit ist, wenn die Kennzahl U1 von 90 auf 95 ansteigt, während Kennzahl U3 unverändert 2.000 beträgt, so dass er denselben Nutzen empfindet wie bei der Referenzalternative R1. Diese ordinalen Vergleiche sind wegen ihres einfachen Charakters für den Befragten besonders vorteilhaft.

Quadratische Funktionen sind als Präferenzfunktionen besonders geeignet, da sie eine Erweiterung linearer Funktionen darstellen und als abgebrochene Taylorreihe einer beliebigen Funktion in Erscheinung treten. Quadratische Nutzenfunktionen sind durch zunehmende absolute Risikoaversion und zunehmende relative Risikoaversion gekennzeichnet. Dies ist gerade im Versicherungsbereich zutreffend, da hier eine ganze Wirtschaftsbranche von der Risikoaversion ihrer Kunden lebt. Die verwendete Funktion hat für das Beispiel mit n = 3 Kennzahlen folgende Form:

f(u1,u2,u3)=a1u12 + a2u22 + a3u32 +b12u1u2 + b13u1u3 + b23u2u3 +c1u1 + c2u2 + c3u3 + d

Setzt man für die Funktionsargumente die in der Befragungstabelle gegebenen Werte ein, so ergibt sich folgendes Gleichungssystem, das kompakt in Matrixschreibweise dargestellt werden kann: y = X b

Die Berechnung von b geschieht über die sogenannte Normalgleichung: X' y = X'X b

Durch zusätzliche Nebenbedingungen kann im betrachteten Anwendungsbereich die Monotonie der Präferenzfunktion erzwungen werden. Im Programm COF sollte diese Option generell ausgewählt werden, damit die Ergebnisse mit Prinzipien der klassischen Entscheidungstheorie harmonieren. Die quadratische Funktion f verläuft über dem Anwendungsbereich, der im allgemeinen Fall ein n-dimensionaler Polyeder ist, monoton genau dann wenn die partiellen Ableitungen in den Ecken das Vorzeichen beibehalten, wobei für den Fall abnehmenden Nutzens längs einer Koordinatenachse ui zusätzlich mit dem Faktor -1 zu multiplizieren ist.

Die errechnete Zielfunktion ist im Gegensatz zur gestifteten Präferenzordnung nicht eindeutig, da beispielsweise jede Translation um einen konstanten Wert die induzierte Präferenzordnung invariant lässt.

Eine Alternative kann als Datensatz der Kennzahlendatenbank nur dann in die zu bewertende Alternativenliste aufgenommen werden, wenn alle Kennzahlen vollständig vorliegen. Außerdem sollten die Alternativen aktuell und so reichhaltig sein, dass sie den Markt vernünftig abdecken. Mit Hilfe der klassischen Ergebnisse der Entscheidungstheorie können dominierte Alternativen vorab aussortiert werden, um den Aufwand der Datenerfassung zu verringern. Liegen die Daten bereits in der Kennzahlendatenbank vollständig vor, so können ohne Mühe auch tausende von Alternativen bewertet werden. Der Entscheider konzentriert sich später ohnehin nur auf die Alternativen auf den besten Rängen.

Literatur

Teibach, Robert (2001b): Bewertung von Lebensversicherungsverträgen mittels Konstruktion von quadratischen Zielfunktionen. Diplomarbeit im wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzstudiengang an der Fernuniversität Gesamthochschule in Hagen, FachbereichWirtschaftswissenschaft. Nicht veröffentlicht.

 

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